Volks­krank­heit Arthrose

Priv.-Doz. DDr. Ma­xi­mi­lian Kas­pa­rek war als Ex­perte zum Thema Ar­throse und Ar­thro­se­be­hand­lung bei bei OE24.TV eingeladen.

Das ganze In­ter­view mit Dr. Kas­pa­rek kön­nen Sie hier ansehen:

Herr Dr. Ma­xi­mi­lian Kas­pa­rek, Sie sind Fach­arzt für Orthopädie und Trau­ma­to­lo­gie. Warum sind so viele Men­schen von Ar­throse be­trof­fen, dass man von ei­ner Volks­krank­heit spre­chen kann?

Vie­len Dank für die Ein­la­dung. Bei der Ar­throse kann man auf je­den Fall lei­der von ei­ner Volks­krank­heit spre­chen, da 15 Pro­zent der un­ter 60-Jäh­ri­gen und ein Drit­tel der Be­völ­ke­rung über 60 Jahre dar­un­ter lei­det und eine be­trächt­li­che Ein­schrän­kung ih­rer Le­bens­qua­li­tät da­durch hat.

Gibt es hier Ri­si­ko­fak­to­ren, bzw. wel­che Fak­to­ren spie­len bei der Ent­ste­hung der Krank­heit, bzw. dem Fort­schrei­ten der Krank­heit eine Rolle?

Die Ur­sa­chen der Ar­throse sind viel­fäl­tig. Sie rei­chen von ei­ner ge­ne­ti­schen Ver­an­la­gung, an­ge­bo­re­nen Fehl­stel­lun­gen wie zum Bei­spiel eine Hüft-Dys­pla­sie, Über­be­las­tun­gen durch Be­ruf oder Sport, und Spät­fol­gen von Ver­let­zun­gen. Auch das zu­neh­mende Al­ter und star­kes Über­ge­wicht, dass das Ri­siko ei­ner Ar­throse vier- bis fünf­mal für Hüft- oder Knie­ar­throse er­höht, sind Risikofaktoren.

Kön­nen Sie kurz er­klä­ren, wann man über­haupt von Ar­throse spricht und wie hier die Dia­gno­se­stel­lung abläuft?

Un­ser Ge­lenks­knor­pel ist un­ser Stoss­dämp­fer, der sich in ei­nem Ge­lenk auf den bei­den Kno­chen­en­den be­fin­det, die ein Ge­lenk bil­den. Im Laufe des Al­terns wird die Knor­pel­schicht dün­ner und rauer und die Gleit­fä­hig­keit nimmt ab, wo­durch es mit der Zeit fast im­mer zu ei­ner nor­ma­len, al­ters­be­ding­ten Ab­nut­zung der Ge­lenke kommt. Wenn der na­tür­li­che Ver­schleiß das al­ters­üb­li­che Maß über­steigt, spricht man von Ar­throse. Diese Ver­schleiß­erschei­nun­gen blei­ben oft lange Zeit un­be­merkt. Schmer­zen und Funk­ti­ons­ein­schrän­kun­gen des be­trof­fe­nen Ge­len­kes tre­ten häu­fig erst in fort­ge­schrit­te­nen Er­kran­kungs­sta­dien auf. Grund­sätz­lich be­steht die Dia­gnos­tik der Ar­throse aus dem Ana­mne­se­ge­spräch, der kli­ni­schen Un­ter­su­chung und ei­ner Rönt­gen Untersuchung.

Was sind die ty­pi­schen Sym­ptome, mit wel­chen Ein­schrän­kun­gen ist die Krank­heit verbunden?

Die ty­pi­schen Sym­ptome sind be­las­tungs­ab­hän­gig Schmer­zen in dem be­trof­fe­nen Ge­lenk und eine zu­neh­mende Be­we­gungs­ein­schrän­kung. Klas­sisch ist auch die so­ge­nannte Mor­gen­stei­fig­keit oder der An­lauf­schmerz, die sich nach ein paar Schrit­ten bes­sert. Im wei­te­ren Ver­lauf tre­ten Ge­lenks­schwel­lun­gen so­wie Ruhe und Nacht­schmer­zen bis zu Dau­er­schmer­zen auf, die eine mas­sive Ein­schrän­kung der Le­bens­qua­li­tät der be­trof­fe­nen Pa­ti­en­ten zur Folge hat.

Ist die Ar­throse eine Krank­heit, die erst im Al­ter auf­tritt oder kön­nen auch jün­gere Men­schen be­trof­fen sein?

Lei­der kön­nen auch jün­gere Pa­ti­en­ten be­reits be­trof­fen sein. Diese ha­ben meist eine ge­ne­ti­sche Prä­dis­po­si­tion und be­rich­ten, dass be­reits ihre Mut­ter oder Va­ter an Ar­throse er­krankt war hat. So­wie nach ei­ner schwe­ren Gelenksverletzung.

Gibt es et­was, das man pro­phy­lak­tisch tun kann, um seine Ge­lenke zu schüt­zen und gut zu erhalten?

Grund­sätz­lich kann je­der Mensch dazu bei­tra­gen die Ent­ste­hung bzw. das Fort­schrei­ten ei­ner Ar­throse vor­zu­beu­gen. Wich­tig sind eine re­gel­mä­ßige Be­we­gung, wo­bei her vor al­lem Ge­lenks­scho­nende Sport­ar­ten wie Rad­fah­ren oder Schwim­men emp­feh­lens­wert sind. Auch eine aus­ge­wo­gene Er­näh­rung und vor al­lem Über­ge­wicht zu ver­mei­den sind wich­tige Bau­steine in der Ar­throse Prävention.

Es wird hier in ver­schie­dene Schwe­re­grade un­ter­teilt. Spielt auch die recht­zei­tige Dia­gno­se­stel­lung für den The­ra­pie­er­folg eine Rolle?

Die Ar­throse wird in vier Schwergrade ein­ge­teilt und na­tür­lich ist eine recht­zei­tige Dia­gno­se­stel­lung wich­tig, da man dann noch pro­tek­tiv mit z.B. ei­ner Le­bens­still­mo­di­fi­ka­tion wie Ge­wichts­ver­lust und Be­we­gungs­the­ra­pien ein­grei­fen kann und die wei­tere Zu­nahme der Ar­throse brem­sen kann. Lei­der muss man aber fest­hal­ten, dass man Ar­throse nicht hei­len kann und man nur das Fort­schrei­ten der Ab­nut­zung ver­lang­sa­men kann.

Wel­che Be­hand­lungs­mög­lich­kei­ten gibt es grund­sätz­lich von kon­ser­va­tiv bis hin zum künst­li­chen Ge­lenk, wenn es gar nicht an­ders geht?

Die Be­hand­lung rich­tet sich dem Sta­dium der Ab­nüt­zung so­wie dem Be­schwer­de­bild. Da­bei ste­hen ei­ner­seits nicht me­di­ka­men­töse The­ra­pien, wie vor al­lem Be­we­gungs­the­ra­pie, Ge­wichts­re­duk­tion und Phy­sio­the­ra­pie zum Mus­kel­auf­bau zur Ver­fü­gung. Me­di­ka­men­töse ha­ben wir die Gruppe der NSAIR, die vor al­lem bei Ent­zün­dungs­zei­chen wie Ge­lenks­schwel­lun­gen eine ent­zün­dungs­hem­mend und schmerz­stil­lend Wir­kung ha­ben. Zu­sätz­lich kann man noch auf in­tra­ar­ti­ku­läre In­jek­tio­nen sprich In­fil­tra­tio­nen mit Kor­ti­son, Ei­gen­blut oder Hyaluron­säure zu­rück­grei­fen. Grund­sätz­lich sind alle diese The­ra­pie und Maß­nah­men umso er­folg­rei­cher, je frü­her sie be­ginnt. Ziel ist es, Schmer­zen zu lin­dern und die Ge­lenk­funk­tion zu er­hal­ten oder zu verbessern.

Wenn kon­ser­va­tive The­ra­pien auf­grund des fort­ge­schrit­te­nen Krank­heits­sta­di­ums keine aus­rei­chende Schmerz­lin­de­rung mehr ge­währ­leis­ten, dann be­steht die In­di­ka­tion für ei­nen künst­li­chen Gelenksersatz.

Wenn es zu ei­nem Ge­lenk­er­satz kommt, wo und wie wird der Ein­griff durchgeführt?

Ich per­sön­lich ar­beite im Evan­ge­li­schen Kran­ken­haus in Wien und be­treue so­wie dort meine Pa­ti­en­ten per­sön­lich. Sprich meine Pa­ti­en­ten wer­den von mir per­sön­lich durch die Ope­ra­tion und die Re­ha­bi­li­ta­tion be­glei­tet. Wir wen­den rou­ti­ne­mä­ßig die mo­derns­ten mi­ni­mal­in­va­si­ven Ope­ra­ti­ons­tech­ni­ken an. Im Be­reich des künst­li­chen Hüft­ge­lenks, er­mög­licht die AMIS-Methode, bei der es sich um eine der mo­derns­ten, mus­kel­schon­ends­ten Ope­ra­ti­ons­tech­ni­ken han­delt, eine ra­sche Re­ha­bi­li­ta­tion und es kann die best­mög­li­che Ge­lenks­funk­tion er­reicht wer­den. Der große Vor­teil der AMIS-Methode be­steht darin, dass wäh­rend der Im­plan­ta­tion des künst­li­chen Hüft­ge­lenks keine Mus­keln, Seh­nen und Ner­ven am Weg zum Hüft­ge­lenk durch­trennt wer­den müs­sen, son­dern diese nur zur Seite weg­ge­hal­ten wer­den. Da­durch blei­ben alle Hüft­mus­keln voll funk­ti­ons­fä­hig und dies er­mög­licht eine be­son­ders ra­sche Rehabilitation.

Im Be­reich des künst­li­chen Knie­ge­lenks­er­sat­zes be­rück­sich­ti­gen wir heut­zu­tage die in­di­vi­du­elle Ana­to­mie und kön­nen mit den mo­der­ner Ober­flä­chen­pro­the­sen un­se­ren Pa­ti­en­ten wie­der ein Leben mit ho­her Ak­ti­vi­tät und ohne Schmer­zen ermöglichen.

Viele mei­ner Pa­ti­en­ten ver­ges­sen, dass sie ein künst­li­ches Hüft- oder Knie­ge­lenk ha­ben und üben ihre Lieb­lings­sport­ar­ten wie vor der Ar­throse-Er­kran­kung aus. Viele mei­ner Pa­ti­en­ten sind auch be­geis­terte Ski­fah­rer und vol­ler Freude, dass Ski­fah­ren und so­gar Tief­schnee­fah­ren heut­zu­tage wie­der pro­blem­los schmerz­frei mit ei­nem künst­li­chen Ge­lenk mög­lich sind. Dies trifft auch auf viele wei­tere be­liebte Sport­ar­ten zu.

Was ist Ihr per­sön­li­cher Behandlungsansatz?

Mir per­sön­lich ist es wich­tig je­den Pa­ti­en­ten in­di­vi­du­ell auf seine Be­dürf­nisse zu be­ra­ten und be­han­deln um mei­nen Pa­ti­en­ten wie­der ein Leben ohne Schmer­zen und Be­we­gung zu er­mög­li­chen. Ganz be­son­ders wich­tig ist mir eine per­sön­li­che Be­treu­ung. Sprich wenn eine Ope­ra­tion not­wen­dig ist, dann be­gleite ich meine Pa­ti­en­ten per­sön­lich vom Erst­ge­spräch bis zur Rehabilitation.

Se­hen Sie es öf­ter, dass Pa­ti­en­ten sehr spät zu Ih­nen kom­men, weil sie zum Bei­spiel den­ken, dass es nor­mal ist, dass die Ge­lenke im Al­ter zu schmer­zen beginnen?

Lei­der se­hen wir das oft und Pa­ti­en­ten lei­den oft­mals un­ter Ar­throse stark. Nicht nur un­ter den Schmer­zen, sie sind in ih­rem All­tag ein­ge­schränkt und kön­nen viele Dinge nicht mehr ma­chen, ob­wohl man ih­nen gut hel­fen könnte. Darum ist es wich­tig bei Be­schwer­den und Schmer­zen ei­nen Or­tho­pä­den auf­zu­su­chen und sich un­ter­su­chen zu las­sen. Denn umso frü­her eine The­ra­pie be­ginnt, umso mehr kann erreichen.

Was kön­nen Sie un­se­ren Zu­se­hern an die­ser Stelle ra­ten, bzw. ans Herz legen?

Wenn Sie Be­schwer­den und Schmer­zen mit ih­ren Ge­len­ken ha­ben, su­chen sie recht­zei­tig ei­nen Or­tho­pä­den auf. Da durch das Forst­schrei­ten der Ar­throse die Be­schwer­den im­mer wei­ter zu­neh­men und umso frü­her man mit der The­ra­pie be­ginnt, umso mehr kann man erreichen.

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