Mit 3D-Pro­gramm zum „Ur­sprungs­knie“

Ge­hen und Lau­fen wie vor der Knie-Ar­throse. Die­ser Wunsch der Pa­ti­en­ten, die ein künst­li­ches Knie be­kom­men, er­füllt sich mit Hilfe ei­ner neuen Com­pu­ter­un­ter­stütz­ten Prä­zi­si­ons­ar­beit im OP-Saal. Mit ih­rer Hilfe kön­nen künst­li­che Knie so ein­ge­setzt wer­den, dass sie dem Sitz und der Be­weg­lich­keit des ur­sprüng­li­chen Knies entsprechen.

Das Knie ist un­ser kom­pli­zier­tes­tes Ge­lenk. Es be­steht aus meh­re­ren Ein­zel­tei­len, kann sich beu­gen, stre­cken so­wie seit­lich dre­hen, und es be­sitzt zahl­rei­che Bän­der, die es im All­tag aus­rei­chend stüt­zen und schüt­zen. Schmerzt das Knie beim Ge­hen oder in Ruhe, steckt häu­fig eine starke Ab­nüt­zung des Knor­pels da­hin­ter, mit der Folge, dass nur noch ein künst­li­ches Knie­ge­lenk vom Schmerz be­freien kann. Doch Auf­bau und Me­cha­nik ei­nes na­tür­li­chen Knies sind so fein auf­ein­an­der ab­ge­stimmt, dass je­der fünfte Pa­ti­ent über Pro­bleme bei Be­las­tung sei­ner Knie­pro­these klagt. „Die An­sprü­che der Pa­ti­en­ten wer­den hö­her. Vie­len ge­nügt es nicht, sich schmerz­frei be­we­gen zu kön­nen. Sie möch­ten ih­rem Lieb­lings­sport nach­ge­hen, Gar­teln oder an Be­sich­ti­gun­gen und Wan­de­run­gen teil­neh­men“, be­rich­tet der Knie- und Hüft-Spezialist Prim. Univ. Doz. Dr. Tho­mas Müllner, Vor­stand der Ab­tei­lun­gen für Orthopädie und Trau­ma­to­lo­gie am Evan­ge­li­schen Kran­ken­haus (www.drmuellner.at) in Wien. Da­mit das neue Knie so rei­bungs­frei „läuft“ wie ein ge­sun­des na­tür­li­ches Knie, braucht es eine prä­zise Re­kon­struk­tion, ex­akt im Sitz und auf den Mil­li­me­ter genau.

Der Com­pu­ter hilft vor und wäh­rend der OP

Die­sen Weg zum „Ur­sprungs­knie“ eb­net in jüngs­ter Zeit die mo­derne 3D com­pu­ter­ge­steu­erte Na­vi­ga­ti­ons-Hilfe di­rekt im OP-Saal. Im Mit­tel­punkt steht da­bei ein Com­pu­ter, mit des­sen Hilfe der best­mög­li­che Sitz der Knie­pro­these be­rech­net wird, di­rekt im OP-Saal, vor und wäh­rend des chir­ur­gi­schen Ein­grif­fes, wie Dr. Müllner er­läu­tert. „Vor der ge­plan­ten Ope­ra­tion wer­den spe­zi­elle ra­dio­lo­gi­sche Ver­mes­sun­gen am Bein des Pa­ti­en­ten durch­ge­führt, die ein Bild des ur­sprüng­li­chen Knies er­rech­nen und auf ei­nem Com­pu­ter-Bild­schirm dar­stel­len. Der Chir­urg kann mit Hilfe die­ses Pro­gramms, noch vor dem ers­ten Schnitt, in ei­ner noch nie da ge­we­se­nen Ge­nau­ig­keit be­reits auf dem Bild­schirm den Sitz der künf­ti­gen Pro­these er­mit­teln, und da­bei die in­di­vi­du­elle Bei­n­achse so­wie die Span­nung der Bän­der und auch die Schräge der na­tür­li­chen Ge­lenks­li­nie be­rück­sich­ti­gen. Das ist wich­tig, denn je­der Mensch hat eine in­di­vi­du­elle Aus­rich­tung sei­nes Knie­ge­lenks. Ein voll­stän­dig ge­ra­des Bein ist oft nicht die na­tür­li­che Norm. Durch diese ex­akte An­pas­sung der Pro­these ent­fal­len auch Zu­satz­ein­griffe an den Weich­tei­len und Bän­dern im und um das Knie, die frü­her oft not­wen­dig wa­ren. Wäh­rend des Ein­grif­fes hilft die mo­derne 3D Com­pu­ter­na­vi­ga­tion, die Kno­chen­schnitte für das Knie­ge­lenk mil­li­me­ter­ge­nau zu set­zen. Be­ginnt der Chir­urg die Ope­ra­tion, unterstützt ihn das Com­pu­ter­pro­gramm bei je­dem Schnitt. Eine Fehl­po­si­tio­nie­rung der Pro­these ist nicht möglich.“

So­fort ein na­tür­li­ches Kniegefühl

Dr. Ma­xi­mi­lian Kas­pa­rek, Fach­arzt an der Ab­tei­lung für Orthopädie und Trau­ma­to­lo­gie am Evan­ge­li­schen Kran­ken­haus, ist eben­falls da­von über­zeugt. „Seit Ein­füh­rung die­ser neuen Ope­ra­ti­ons­tech­nik konn­ten wir fest­stel­len, dass die Pa­ti­en­ten nach der Ope­ra­tion we­ni­ger Schmer­zen und schnel­ler eine gute Be­weg­lich­keit ha­ben und gleich nach der Ope­ra­tion von ei­nem na­tür­li­chen Kniegefühl be­rich­ten.“ Auch der Ge­lenks­an­teil zwi­schen Knie­scheibe und Knie­ge­lenk, der bei ei­nem Vier­tel der Pa­ti­en­ten Ur­sa­che des vor­de­ren Knie­schmer­zes war, wird nun ana­to­misch re­kon­stru­iert. Ein Pa­ti­ent, der in den Ge­nuss sei­nes „Ur­sprungs­knies“ ge­kom­men ist, ist An­dreas Kloss, 73. Der Rad­fah­rer, Wan­de­rer und Schi­fah­rer be­kam rechts ein neues Knie. Heute hat er wie­der Freude am Schi­fah­ren. „Ich fahre jetzt bes­ser als vor der Ope­ra­tion, weil ich schmerz­frei bin und nicht daran denke, dass ich ein Kunst­ge­lenk habe.“ Die 3D-Com­pu­ter­na­vi­ga­tion bei Knie­pro­the­sen er­obert sich ih­ren Platz in den OP-Sä­len des Lan­des. „Wir se­hen jetzt zwar erst die ers­ten Jah­res-Er­geb­nisse, doch sie sind über­zeu­gend. Pa­ti­en­ten be­rich­ten, dass sie die Ope­ra­tion ver­ges­sen ha­ben, weil sie ihr künst­li­ches Knie nicht als sol­ches wahr­neh­men wie ihr Knie vor 20, 30 Jah­ren, als es noch ge­sund war.“